Die Kurth’s in Pinnow (Kreis Regenwalde, Pommern) bis 1947

Pinnow (polnisch heute „Pniewo“) war eine Landgemeinde im Landkreis Regenwalde in Pommern (siehe Bericht über den Kreis Regenwalde) mit weniger als 700 Einwohnern – gelegen direkt an der ehemaligen Reichsstraße 2 von Stettin nach Danzig. Zur Gemeinde Pinnow gehört auch der Wohnort Charlottenhof, auf dem die Familie Kurth bis zu ihrer Vertreibung am Ende des Zweiten Weltkrieges lebten. Hier stand das Elternhaus meines Schwiegervaters Horst Kurth, der nach der Vertreibung in Kiel (Schleswig-Holstein) eine neue Heimat fand und dort eine Familie gründete.

Satellitenaufnahme (2013) mit Höfen der Kurth’s und Köhler
Charlottenhof Satellitenaufnahme (2013) und Kartenausschnitt (1952)
Ausschnitt einer Karte von 1906 mit Pinnow und dem Charlottenhof (rot eingerahmt). Oberhalb des Hofes ist der Lüssow See zu sehen; hier ist der Köhler-Hof angesiedelt
Charlottenhof (Datum der Fotoaufnahme unbekannt); die Gebäude wurden nach dem Zweiten Weltkrieg vollständig zerstört
Charlottenhof 2013: Hier stand mal das Haupthaus

Christa Poppendick, geborene Will, eine Cousine von Herta Kurth, erzählte 2011 ihrem Neffen folgende Geschichte über den Charlottenhof, bei der sie nicht mit Sicherheit sagen kann, wie viel davon tatsächlich wahr ist:

Meine Großeltern [Hermann Wachs und Wilhelmine Auguste geb. Dorn 1853-1940] haben einen Hof gehabt, den Charlottenhof/Pinnow, wo Emil und Herta Kurth gewohnt haben. Sie haben verkauft, weil ihnen alles Vieh gestorben ist, und haben dann den Hof in der Lüssow gekauft, wo später Jankes drauf waren [Emil Janke und Erna Janke geb. Wachs]. Keiner weiß, warum es gestorben ist, bei den Nachfolgern jedoch nicht. Es hat irgendjemanden seine Hand im Spiel gehabt und da brauchst du kein Gift. Es gab bei uns im Dorf Otto Bohlmann, der war Viehdoktor und Menschendoktor, der hat auf Naturheilbasis mit Aconit behandelt. Wenn Vieh krank war, wurde Otto Bohlmann geholt. Aber sie haben ihm nicht nur Heilkräfte nachgesagt, sondern auch was anderes. Und dann ist bei Kurth etwas passiert. Heinz [geb. 1926] war der Älteste von Emil und Herta Kurth und dann ist Lotti geboren [1928]. Sie haben immer gesagt, Lotti ist ein sehr hübsches Baby gewesen. Dann ist da mal eine fremde Frau gewesen, die in den Kinderwagen geguckt und immer gesagt hat: „Ach, was ist das für ein hübsches Kind, ein hübsches Kind!” Und das hübsche Kind ist von dem Tag an krank geworden, hat nicht getrunken, hat nichts gegessen, ist immer dünner geworden. Sie haben gesagt, die stirbt uns weg. Was sollten sie machen? Einen Arzt mögen sie gehabt haben, aber der hat nichts gebracht. Jedenfalls ist Otto Bohlmann, der Vieh- und Menschendoktor, durch Zufall da gewesen. Und da haben sie ihm ihr Leid geklagt. Er hat auch reingeguckt in den Kinderwagen. Sie haben ihm erzählt, was gewesen ist. Und bevor er weggegangen ist, hat er gesagt: „Ach, Emil, du hast immer so viele schöne Ferkel, lass uns doch nochmal in Schweinestall gucken.” Emil ist mit ihm in den Schweinestall gegangen und sie haben die Ferkel beguckt und haben sich unterhalten. Von Stund‘ an sind die Ferkel alle eingegangen, aber das Kind ist gesund geworden. Gibt es so was? Ist das möglich? Das hat es früher öfter gegeben. Das haben sie später öfter erzählt und haben gesagt, Lotti wäre heute nicht am Leben, wenn Otto Bohlmann nicht da gewesen wäre. Er hat kein Wort dazu gesagt.

In einer Betriebs- und Viehzählung von 1939 wurde der Charlottenhof von Emil Kurth mit 25 ha, 3 Pferden und 9 Rinder verzeichnet und der Hof von Emil Köhler mit 24 ha, 4 Pferden und 13 Rindern.

Trommelsberg: Felder von Emil Kurth und Paul Kurth

Eine über 140-seitige Dokumentation von Pinnow hat Eckard Schmechel (1936 – 2011) in den Jahren 2000 bis 2002 zusammengestellt. Hier sind viele Berichte, Fotos und Statistiken über Pinnow und dem Kreis Regenwalde enthalten. Über die Flucht und Vertreibung ab 1944 aus Pinnow gibt es von demselben Autor im Internet einen sehr ausführlichen Zeitzeugenbericht  (siehe entsprechenden Beitrag).

Am 21.7.2013 hatten wir uns Pinnow und die ehemaligen Höfe angesehen – siehe entsprechenden Beitrag.

Über Pinnow hat auch Ulrike Hennwald recherchiert. Hier zitiert sie aus dem „Heimatbuch des Kreises Regenwalde“, herausgegeben vom Heimatkreis Regenwalde im Juni 1970. Hier gehen die Eintragungen zu Pinnow bis auf Jahr 1372 zurück. Sehr schön auch die zusammengetragenen Fotos von gestern und heute. Auf dieser Webseite ist auch das Einwohnerverzeichnis aus den Jahren 1874 bis 1877 abgelegt (erstellt mit Hilfe der Standesamtsunterlagen aus dem polnischen Staatsarchiv in Stettin).

Die niedersächsische Stadt Melle ist seit 1972 Patenstadt des Kreises Regenwald – siehe auch deren Webseite.

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